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V10 - Versuchsanleitung

Änderungen und Bemerkungen

<texit info> author=steinbrügge title=V10 Radioaktivität </texit>

V10 RADIOAKTIVITÄT

Einleitung

Unter Radioaktivität versteht man den spontanen Zerfall radioaktiver Atomkerne. Dabei werden alpha-, beta- oder gamma -Strahlen, deren Einwirkung auf lebendes Gewebe verschieden starke Schäden zur Folge hat, ausgesandt. Diese beruhen auf der Inaktivierung von Enzymen, der Auslösung von Mutationen, der Bildung von Ionen und vor allem von freien Radikalen. In der Medizin finden radioaktive Nuklide bei der Diagnostik und der Therapie Verwendung. Die nuklearmedizinische Diagnostik verwendet in der Regel die gamma -Strahlung und zwar in vivo zur Lokalisationsdiagnostik durch Szintigraphie (z.B. zur Tumorlokalisation) und zur Funktionsdiagnostik (z.B. der Nieren, der Lungen, und der Schilddrüse) und in vitro zur Labordiagnostik (z.B. zur Markierung von Hormonen mit radioaktiven Nukliden (Insulinbestimmung)).

In der nuklearmedizinischen Therapie werden radioaktive Nuklide hauptsächlich zur Bestrahlung von Geschwulsterkrankungen von außen oder durch Implantate eingesetzt. Eine gezielte Bestrahlung einzelner Organe kann durch die Lokalisierung der Wirkung über Implantation im betreffenden Organ oder durch Anreicherung radioaktiv markierter Stoffe im betreffenden Organ über den natürlichen Stoffwechselvorgang erreicht werden. In beiden Fällen werden die gewünschten hohen lokalen Bestrahlungsdichten erreicht.

Ungenügende Kenntnis über den Strahlenschutz bringt Gefahren für den Patienten und den behandelnden Arzt. Daher unterliegt die Anwendung solcher Verfahren strengen gesetzlichen Bestimmungen.

Drei Grundregeln (AAA-Regeln) sind beim Arbeiten mit radioaktiven Strahlungsquellen von höchster Wichtigkeit:

  • Abschirmen der radioaktiven Quelle (z.B. durch einen Bleimantel)!
  • Aufenthaltsdauer in der Nähe radioaktiver Quellen möglichst kurz halten!
  • Abstand zu radioaktiven Quellen möglichst groß halten!

Das Abstandsgesetz und das Absorptionsgesetz, auf deren Anwendung die dritte und die erste der drei AAA-Regeln beruhen, bilden den Schwerpunkt der vorliegenden Versuchsbeschreibung.

Aufgabenstellung

  1. Bestimmen Sie den Nulleffekt.
  2. Überprüfen Sie das Abstandsgesetz.
  3. Überprüfen Sie das Absorptionsgesetz und bestimmen Sie die Halbwertsdicke der Absorptionsmaterialien Aluminium, Blei, Kupfer und Plexiglas.
  4. Bestimmen Sie die Aktivität der radioaktiven Quelle.

Erläuterungen zur Versuchsdurchführung

Im Versuch wird ein gamma -Strahler als radioaktive Quelle benutzt. Während einer vorgewählten Zeit T wird die auf ein Geiger-Müller-Zählrohr treffende Strahlung in Form von Impulsen N gemessen und von einem Zählwerk angezeigt. Bei allen Versuchen wird die Messzeit T = 120s gewählt, um noch einen Wert N mit tolerierbarem statistischem Fehler ΔN zu erreichen. Als radioaktives Präparat verwenden wir eine sehr geringe Menge des künstlich hergestellten Kobalt Isotops 60Co, das sich unter Aussendung von beta- und gamma -Strahlung in das stabile Nickel-Isotop 60Ni umwandelt (siehe Abschnitt 10.4.2). Die relativ energiearme beta -Strahlung kann die Wände des Probengefäßes nicht durchdringen, so dass nur die gamma -Strahlung gemessen wird. Die radioaktive Quelle und das Zählrohr sind auf einer Schiene verschiebbar angeordnet, wobei der Abstand R an einem Maßstab ablesbar ist. Zwischen Quelle und Empfänger kann ein Halter zur Aufnahme von Absorptionsplatten (Gesamtdicke d) aufgestellt werden (siehe Abbildung 10.1).

BILD 10_1 EINFÜGEN

Das Messprinzip mit einem Geiger-Müller-Zählrohr wird in Abschnitt 10.4.1 erläutert. An dieser Stelle soll nur die Bedienung des Geräts zur Versuchsdurchführung kurz beschrieben werden:

- Einschalten des Gerätes: Taste ON/OFF.

- Gerät ein paar Minuten warmlaufen lassen.

- Vor jeder Messung wird das Zählwerk mit der Taste RESET und die Stoppuhr durch Drücken der weißen Taste auf Null gesetzt.

- Zu Beginn jeder Messung drücken Sie gleichzeitig die Taste START des Zählwerks und die grüne Taste der Stoppuhr.

- Nach T = 120s drücken Sie gleichzeitig die Taste STOP des Zählwerks und die rote Taste der Stoppuhr.

- Lesen Sie die zugehörige Impulszahl N ab und notieren Sie sie in Ihrem Protokollheft.

Messungen und Auswertungen

Der Nulleffekt

Statistische Schwankungen bei Zählungen

Der Zerfall radioaktiver Substanzen unterliegt statistischen Schwankungen. Zählt man bei konstanter mittlerer Strahlungsintensität während einer bestimmten Zeit T die Zählrohrimpulse, so erhält man bei n-facher Wiederholung der Messung die um einen Mittelwert N schwankenden Ergebnisse N1,N2,…,Nn. Als Maß für die Schwankungen benutzt man die Standardabweichung ΔN (auch mittlerer quadratischer Fehler der Einzelmessung genannt). Die Anwendung der Statistik auf solche Prozesse ergibt die einfache Formel

\Delta N \approx \sqrt{N} (10.1)

Der relative Fehler ΔN/N der Zählungen wird also umso kleiner, je mehr Impulse gezählt werden, d.h. je größer die Messzeit T gewählt wird.

Der Nulleffekt N0

Auch wenn man alle radioaktiven Quellen aus der Umgebung des Zählrohrs entfernt, zählt dieses dennoch eine gewisse (geringe) Zahl N0 von Impulsen. Sie wird durch die kosmische Strahlung (Höhenstrahlung) sowie durch Spuren radioaktiver Substanzen im Zählrohrmaterial verursacht. Dieser Nulleffekt wird gemessen, bevor das radioaktive Präparat an seinen Platz gebracht wird. N0 wird bei allen nachfolgenden Messungen von der Gesamtimpulszahl Nges abgezogen (siehe auch Abschnitt 10.3.2)!

Um N0 trotz der kurzen Messzeit von T = 120s mit einiger Sicherheit zu bestimmen, wird die Messung mehrmals wiederholt und gemittelt (siehe tabelle 10.1).

Tabelle 10.1 Beispiel zur Bestimmung von <latex> N_{0} = (1/n)\sum_{i=1}^{n} N_{0,i}$ </latex> und <latex> \Delta N_{0} = \frac{1}{n}(\sum_{i=1}^{n} N_{0,i})^{1/2} </latex> aus drei (n = 3) Einzelmessungen N0,1, N0,2, N0,3 .

Messung i 1 2 3
N0,i 32 38 34
N0=(32+38+34)/3 \approx 35
ΔN0 = \sqrt{(32+38+34)} /3 \approx 3

Das Abstandsgesetz

Die radioaktive Strahlung wird von der Quelle in alle Richtungen ausgesandt und breitet sich geradlinig aus. Außerdem gestattet es die Versuchsanordnung, die Quelle als punktfö}rmig zu betrachten. Unter dieser Voraussetzung nimmt die vom Präparat herrührende Impulszahl NP mit dem Quadrat des oben eingeführten Abstands ab:

<latex> N_{\mathrm{P}} \sim \frac{1}{R^{2}} \quad\leadsto\quad N_{\mathrm{P}} = \frac{C}{R^{2}} \, . \ \ \ \ \ (10.2) </latex>

Das Abstandsgesetz gilt natürlich nur für die vom radioaktiven Präparat verursachte Impulszahl NP, während die oben erläuterte Impulszahl N0 (Nulleffekt) unabhängig von R ist. Wir messen als Gesamtimpulszahl Nges aber stets die Summe beider Teilimpulszahlen.NP muss also durch Differenzbildung von Nges mit N0 ermittelt werden:

<latex> N_{\mathrm{ges}} = N_{\mathrm{P}} + N_{0} \quad\leadsto\quad N_{\mathrm{P}} = N_{\mathrm{ges}} - N_{0}\, .\ \ \ \ \ (10.3) </latex>

Die Überprüfung des Abstandsgesetzes sei hier am Beispiel von acht Einzelmessungen gezeigt. Gemessen wird jeweils die Impulszahl Nges = Nges(R). Dabei wird R sinnvoll jeweils um einen Faktor 1.2 bis 1.3 verändert (warum tut man dies nicht in äquidistanten Schritten?). Der gemittelte Wert für den Nulleffekt N0 und ΔN0 werden in diesem Beispiel aus den in Tabelle 10.1 aufgeführten Messungen übernommen. Die Messergebnisse NP(R)$ nach Gleichung (10.3) und der Fehler <latex > \Delta N_{\mathrm{P}}(R) = \sqrt{N_{\mathrm{ges}}(R) + \Delta N_{0}^{2}} \approx \sqrt N_{\mathrm{ges}}(R) </latex> (siehe Gleichung (10.1)) werden in Tabelle 10.2 eingetragen.

Tabelle 10.2 Überprüfung des Abstandsgesetzes. Beispiel bestehend aus acht Einzelmessungen von Nges(R) (jeweils im Zeitraum T = 120s) mit Nges=35.

R/cm Nges(R) NP=Nges(R)-N0 ΔNP(R)=\sqrt{N_{ges}(R)}
25 1850 1815 43
31 1265 1250 36
36 941 906 31
43 726 691 27
51 519 484 23
61 348 313 19
73 292 257 17
88 188 153 14

Zur Auswertung des Abstandsgesetzes geht man nun folgendermaßen vor:

<latex> \hookrightarrow </latex> Mit (10.3) und (10.2) erhält man

<latex> N_{\mathrm{ges}} - N_{0} = N_{\mathrm{P}} = \frac{C}{R^{2}}\,, \ \ \ \ \ \ \ \ (10.4) </latex>

woraus nach Logarithmierung

<latex> \log{N_{\mathrm{P}}} = \log{\frac{C}{R^{2}}} = - 2 \log{R} + \log{C} \ \ \ \ \ \ \ \ (10.5) </latex>

folgt.

<latex> \hookrightarrow </latex> Zur graphischen Auswertung benutzt man doppelt-logarithmisches Papier (in den Praktikumsräumen erhältlich), bei dem die Ordinate y und die Abszisse x zwar logarithmisch geteilt sind, aber die wahren Werte anzuschreiben sind. Auf diesem Papier erhält man also eine Gerade der Form

<latex> y = - 2 x + \log{C} \ \ \ \ \ \ (10.6) </latex>

mit der Steigung -2 (siehe Abbildung 10.2).

BILD 10_2 EINFÜGEN

<latex> \hookrightarrow </latex> Trägt man die Fehlerbalken mit ein (sie sind im Logarithmus-Maßstab nicht gleich lang), so erkennt man, welche Werte beim Durchlegen der Gerade anderen gegenüber bevorzugt werden.

Das Absorptionsgesetz

Beim Durchtritt durch Materie der Dicke $d$ wird die gamma-Strahlung exponentiell abgeschwächt,

<latex> N_{\mathrm{P}}(d) = N_{\mathrm{P}}(d = 0) \cdot \mbox{e}^{-\mu d}\, . \ \ \ \ \ \ \ (10.7) </latex>

Hierin heißt μ Absorptionskoeffizient oder linearer Abschwächungskoeffizient. Die Beziehung (10.7) ist analog zum Lambert-Beer'schen Gesetz beim Lichtdurchgang durch eine Farbstofflösung. Natürlich setzt sich auch bei diesem Teilversuch die Gesamtimpulszahl Nges aus den beiden Teilimpulszahlen NP und N0 zusammen (siehe Gleichung (10.3)).

Die Halbwertsdicke d1/2 wird nun so definiert, dass

<latex> N_{\mathrm{P}}(d_{1/2}) = \frac{1}{2} \cdot N_{\mathrm{P}}(d = 0) </latex>

ist. Besitzt ein Absorber z.B. die doppelte (dreifache) Dicke seiner Halbwertsdicke, so durchdringt ihn nur ein Viertel (ein Achtel) der ursprünglichen Strahlung.

Zwischen radioaktiver Quelle und Zählrohr werden die Absorberplatten gleicher Dicke aber verschiedener Dichte ρ eingesetzt und die Abhängigkeit NP = NP(ρ) gemessen. Der Abstand R wird so eingestellt, dass man bei der Dicke d = 0 (also ohne Absorber) und bei T = 120s etwa 800 bis 1000 Impulse zählt (was nützt hierbei das bei der Nachprüfung des Abstandsgesetzes erhaltene Ergebnis?). Die Absorberplatten werden möglichst dicht vor die Quelle gesetzt, um die in ihnen entstehende Streustrahlung zu einem möglichst geringen Teil mit zu messen.

Die Messergebnisse tragen wir im halblogarithmischen Maßstab ein (Papier in den Praktikumsräumen erhältlich) (Beispielmessung siehe Abbildung 10.3).

BILD 10.3 EINFÜGEN

Für jede einzelne Messkurve ergibt sich eine Gerade mit der Steigung -0.4343μ, denn es gilt:

<latex> N_{\mathrm{P}}(d) = N_{\mathrm{P}}(d=0) \cdot \mbox{e}^{-\mu d} </latex>

<latex> \log{(N_{\mathrm{P}}(d))} = \log{(N_{\mathrm{P}}(d=0))} + \log{(\mbox{e}^{-\mu d})} </latex>

<latex> \log{(N_{\mathrm{P}}(d)} = \log{N_{\mathrm{P}}(d=0)} - \mu d \log{\mbox{e}} = \log{N_{\mathrm{P}}(d=0)} {-0.4343 \cdot \mu} \cdot d\, . </latex>

Bestimmen Sie aus dieser Darstellung die Halbwertsdicken d1/2 für die vier verschiedenen Absorbermaterialien.

\subsection{Die Aktivität}

Da die radioaktive Quelle in jede Raumrichtung gleich stark strahlt, kann das Zählrohr mit der Fensterfläche Fz im Abstand R nur einen kleinen Teil der gesamten Zerfälle registrieren. Die Aktivität oder wirkliche Anzahl der Zerfälle in der radioaktiven Substanz pro Zeit muss also sovielmal größer sein, wievielmal die Kugeloberfläche <latex> F_{\mathrm{K}} = 4 \pi R^{2} </latex> größer als die Zählrohrfensterfläche ist.

Außerdem registriert das Zählrohr nur einen Teil der ankommenden Strahlung. Dies wird durch den Wirkungsgrad η beschrieben. Damit gilt für die Aktivität A der Quelle

<latex> A = \frac{1}{2} \cdot \frac{N}{t} \cdot \frac{F_{\mathrm{K}}}{F_{z}} \cdot \frac{1}{\eta}\, . </latex>

Der Faktor 1/2 berücksichtigt, dass bei 60Co pro Zerfallsereignis zwei γ-Quanten ausgesandt werden. Das verwendete Zählrohr hat einen Wirkungsgrad η = 0.033 (entspricht 3.3%) und eine Fensterfläche von F_z = 3.2 cm^{2}

Weitere Erläuterungen

Das Geiger-Müller-Zählrohr

Das Geiger-Müller-Zählrohr benutzt die ionisierende Wirkung der Strahlung radioaktiver Substanzen und ermöglicht es, einzelne α- oder β-Teilchen oder auch γ-Quanten nachzuweisen. Das Zählrohr besteht im Wesentlichen aus einem gasgefüllten zylindrischen Rohr, in dem axial ein dünner Draht (Durchmesser etwa 0.1mm) isoliert aufgespannt ist (siehe Abbildung 10.4). An den Draht wird über einen hochohmigen Widerstand R die positive Spannung U (in diesem Versuch 550V) angelegt. Ein in das Zählrohr eindringendes α-, β- oder γ-Teilchen erzeugt im Füllgas eine Vielzahl von Ionen und freie Elektronen, die nach starker Beschleunigung im elektrischen Feld beim Zusammenstoß mit neutralen Molekülen diese ebenfalls ionisieren. Auch diese sekundär entstandenen geladenen Teilchen werden ihrerseits neutrale Moleküle ionisieren, so dass sich kettenreaktionsartig eine Ladungsägerlawine ausbildet. Es kommt daher zu einem kurzen Stromstoß, d.h. zu einem kurzzeitigen Absinken der Zählrohrspannung. Wir messen diesen Effekt als Spannungsstoß am Zähler und der Stromfluß im Rohr selbst kommt zum Erliegen (Löschvorgang). Nach kurzer Totzeit kann der Ionisationsvorgang erneut beginnen; diese Totzeit beträgt etwa 1μs.

Sollen mit einem solchen Zählrohr β-Teilchen gemessen werden, so muss ein extrem dünnes Fenster in Form einer Glimmerfolie den Eintritt ermöglichen. Die in diesem Versuch verwendeten Zählrohre mit großer Wandstärke sprechen nur auf γ-Strahlung an (siehe Abschnitt 10.4.4).

BILD 10_4 EINFÜGEN

Das radioaktive Isotop 60Co

Wie bereits erwähnt, zerfällt das instabile Isotop 60Co unter Aussendung von β- und γ-Strahlung in das stabile Isotop 60Ni:

<latex> {^{60}_{27}\mbox{Co}} \stackrel{\beta,\gamma}{\longrightarrow} {^{60}_{28}\mbox{Ni}} \qquad \begin{array}{l} \mbox{$\beta$-Energie:} < 0.31~\mbox{MeV}
\mbox{$\gamma$-Energie: 1.17~MeV und 1.33~MeV} \end{array} </latex>

Der linke obere Index gibt als Massenzahl die Summe von Protonen und Neutronen des Isotops, der linke untere Index als Ladungszahl die Summe der Protonen an. Die Halbwertszeit von 5.2 Jahren ist relativ lang, so dass sich die Aktivität der Probe während unserer Messung praktisch nicht ändert. Diese Aktivität beträgt bei den in diesem Versuch verwendeten Proben etwa 20μCi (das entspricht 7.4 x 10^5 Zerfällen pro Sekunde). In der Medizin angewandte Präparate besitzen viel höhere Aktivitäten (bis zu 6000μCi)! Trotz der vergleichsweise geringen Aktivität wird unser Präparat abgeschirmt: Es ist von einem dicken Aluminiummantel allseitig umschlossen. An dessen Stirnfläche befindet sich eine zylindrische {Öffnung, die außerhalb der Messzeit verschlossen ist. Während der Messungen wird das Präparat zudem von einer Bleiziegelummantelung von etwa 5cm Dicke abgeschirmt.

Zerfallsgesetz, Halbwertszeit

Radionuklide emittieren Strahlung. Bei Teilchenemission zerfallen sie gleichzeitig in andere Nuklide. Als Beispiel haben wir die Umwandlung des Kobalt-Isotops 60Co in das Nickel-Isotop 60Ni bereits beschrieben. Die Anzahl der Zerfallsakte pro Zeiteinheit ist proportional zur Zahl der noch vorhandenen Teilchen. Immer wenn die Änderung einer Größe auch dem jeweiligen Wert proportional ist, lassen sich Verminderung oder Wachstum dieser Größe durch eine Exponentialfunktion beschreiben. Das Zerfallsgesetz lautet hier

<latex> N(t) = N(t = 0) \cdot \mbox{e}^{-\lambda t}\, . \ \ \ \ \ \ \ \ \ (10.11) </latex>

Hierin ist N(t) die Zahl der nicht zerfallenen Atome und N(t = 0) die Zahl der nicht zerfallenen Atome zur Zeit t = 0. λ ist die Zerfallskonstante [λ] = s-1. Der Exponent in (10.11) hat ein negatives Vorzeichen, da die Zahl N(t) mit zunehmender Zeit t abnimmt.

Physikalische Halbwertszeit

Die physikalische Halbwertszeit t1/2 nennt man die Zeit, in der die Zahl der nicht zerfallenen Atome eines radioaktiven Nuklids auf die Hälfte zerfallen ist. Sie kann für verschiedene Isotope Werte zwischen 10-7s und 1010 Jahren besitzen. Nach der doppelten (dreifachen) Halbwertszeit ist die Zahl der nicht zerfallenen Atome auf N(0)/4 (bzw. N(0)/8) zurückgegangen.

Biologische Halbwertszeit

Die biologische Halbwertszeit gibt die Zeit an, in der eine im Körper vorhandene Aktivität durch Ausscheidung auf die Hälfte vermindert wird. Im Allgemeinen ist diese Zeit für jedes Organ bei gleichem Radionuklid verschieden. Calcium ist ein wesentlicher Bestandteil der Knochen. Es wird laufend aus der Nahrung extrahiert, im Skelett eingebaut und später wieder ausgeschieden. Gelangt das Nuklid 45Ca in den Körper, so nimmt es an diesem Kreislauf teil. Es würde im Organismus während der biologischen Halbwertszeit von etwa 50 Jahren verbleiben. Seine physikalische Halbwertszeit beträgt jedoch nur etwa 165 Tage. Umgekehrt liegen die Verhältnisse beim Radionuklid 14C. Seine physikalische Halbwertszeit beträgt 5730 Jahre, seine biologische Halbwertszeit jedoch nur etwa 35 Tage. Das Kohlenstoff-Isotop hat den Körper also bereits wieder verlassen, bevor ein merklicher Anteil physikalisch zerfallen konnte.

Absorptions-Unterscheidung verschiedener Strahlenarten

Die α-, β- und γ-Strahlen dringen verschieden stark in Materie ein. Die Strahlen geladener Teilchen (α, β) lassen sich wegen ihrer kurzen Reichweite wesentlich einfacher abschirmen. Die energiereichsten α-Teilchen von Radionukliden mit etwa 10MeV Energie können nur etwa 0.1mm tief in Muskelgewebe eindringen und die β-Teilchen von Radionukliden mit 5.5MeV Energie nur etwa 3cm tief. Die γ-Strahlung als kurzwellige elektromagnetische Welle hat dagegen eine hohe Reichweite. Dadurch ergeben sich auch verschiedene Anwendungen in der Medizin sowie entsprechende Schutzmaßnahmen.

Als Faustregel gilt:

* α-Strahlung wird bereits durch ein Blatt Papier abgeschirmt, * β-Strahlung benötigt schon ein Buch, wöhrend * γ-Strahlung erst durch eine Bibliothek abzuschwächen ist.

Soll aber Teilchenstrahlung abgeschirmt werden, so darf nicht nur deren Reichweite berücksichtigt werden. So werden beispielsweise β-Strahlen beim Eindringen in Materie abgebremst; die Energiedifferenz wird als elektromagnetische Strahlung ausgesandt. Auch diese Bremsstrahlung muss abgeschirmt werden!

Stichworte zum Versuch

(CODE AB HIER NOCH NICHT BEARBEITET …wie man sieht). steinbruegge 14.04.09

\begin{Mentry} \item[Atomkern] Gebundenes System aus $a$ Nukleonen.

\item[Nukleon] Sammelbegriff f{\"u}r Proton (${^{1}_{1}\mbox{p}}$)

und Neutron (${^{1}_{0}\mbox{n}}$).

\item[Proton] Positiv geladenes Elementarteilchen. Der Betrag der

elektrischen Ladung des Protons entspricht der Elementarladung.

\item[Neutron] Neutrales Elementarteilchen.

\item[Ordnungszahl
Kernladungszahl] Anzahl $z$ der Protonen im Atomkern und damit Zahl

der Elektronen in der H{\"u}lle des neutralen Atoms.

\item[Neutronenzahl] Anzahl $n$ der Neutronen im Atomkern.

\item[Massenzahl] Gesamtzahl $a = z + n$ der Nukleonen im Atomkern.

\item[Nuklid] Kernart mit festen Zahlenwerten von $z$ und $a$:

${^{a}_{z}\mbox{X}}$; 
Beispiele: ${^{16}_{\phantom{0}8}\mbox{O}}$, ${^{60}_{27}\mbox{Co}}$, 
$\ldots$

\item[Isotope] Atomkerne mit gleicher Ordnungszahl $z$, aber

verschiedener Neutronenzahl $n$ (Beispiel: die Sauerstoffisotope 
${^{15}_{\phantom{0}8}\mbox{O}}$, ${^{16}_{\phantom{0}8}\mbox{O}}$ 
und ${^{17}_{\phantom{0}8}\mbox{O}}$).
Isotope sind chemisch im Wesentlichen {\"a}quivalent. 
Nur Prozesse, die von der Masse abh{\"a}ngen, zeigen f{\"u}r Isotope 
ein leicht unterschiedliches Verhalten (Unterschiede in den 
physikalisch-chemischen Gleichgewichten, Unterschiede in der
Diffusionsgeschwindigkeit, Isotopieverschiebungen in den 
Atomspektren, $\ldots$).
Diese Erscheinungen werden als Isotopieeffekte bezeichnet.

\item[$\alpha$-Strahlung] Emission von Helium-Kernen der Massenzahl

$a = 4$ und der Kernladungszahl $z = 2$: ${^{4}_{2}\mbox{He}}$.
Typische Energien der $\alpha$-Teilchen liegen zwischen $4~\mbox{MeV}$ 
und $9~\mbox{MeV}$.

\item[$\beta$-Strahlung] $\beta$-Strahlung besteht aus schnell fliegenden

Teilchen kleiner Masse (Positronen, Elektronen), die in elektrischen 
oder magnetischen Feldern st{\"a}rker als $\alpha$-Strahlen abgelenkt 
werden.

\item[$\gamma$-Strahlung] Kurzwellige elektromagnetische Strahlung

(noch kurzwelliger als die R{\"o}ntgenstrahlung). 
$\gamma$-Strahlung wird in elektrischen oder magnetischen Feldern 
nicht abgelenkt.

\item[Aktivit{\"a}t] Ma{\ss} f{\"u}r die Zerfallsrate eines Radionuklids.

Sie ber{\"u}cksichtigt nicht die biologische Wirksamkeit 
der Strahlungsarten. 
Die Aktivit{\"a}t $A$ gibt die Anzahl der Zerf{\"a}lle $N$ pro Zeit 
$t$ an:

% \begin{equation*} A = \left| \frac{\mbox{d}N}{\mbox{d}t}\right| = \lambda N(t) = \lambda N(0) \cdot \mbox{e}^{-\lambda t} = A(0) \cdot \mbox{e}^{-\lambda t} \end{equation*} %

Die SI-Einheit der Aktivit{\"a}t ist $[A] = 1~\mbox{Bq}$ (Becquerel) 
$=$ 1 Zerfall pro Sekunde. 
Die fr{\"u}her benutzte Einheit von $1~\mbox{Ci}$ (Curie) 
ist historisch entstanden und entspricht der Anzahl der Zerf{\"a}lle 
von $1~\mbox{g}$ ${^{226}\mbox{Ra}}$ pro Sekunde: 
$1~\mbox{Ci} = 3.7 \times 10^{10}~\mbox{Bq}$.

\item[Ionendosis $D_{\mathrm{q}}$] \mbox{} \begin{equation*} D_{\mathrm{q}} = \frac{\mbox{durch Ionisation entstehende Ladung}}{\mbox{Masse der durchstrahlten Materie}} \end{equation*}

$[D_{\mathrm{q}}] = 1~\mbox{C/kg} = 1~\mbox{A}\cdot\mbox{s/kg}$; $1~\mbox{R}$ (R{\"o}ntgen)
$= 2.58 \times 10^{-4}~\mbox{C/kg}$.

\item[Energiedosis $D_{\mathrm{E}}$] \mbox{} \begin{equation*} D_{\mathrm{E}} = \frac{\mbox{absorbierte Strahlungsenergie}}{\mbox{Masse der durchstrahlten Materie}} \end{equation*}

$[D_{\mathrm{E}}] = 1~\mbox{Gy}$ (Gray) $= 1~\mbox{J/kg}$; 
bis 1985 wurde das {\glqq}rad{\grqq} verwendet: $1~\mbox{rad} = 
10^{-2}~\mbox{Gy}$.
Energiedosis und Ionendosis lassen sich ineinander umrechnen, 
da die aus der Strahlung absorbierte Energie proportional zur 
dadurch entstandenen Ladung ist. 
F{\"u}r Luft gilt beispielsweise: $1~\mbox{R} = 0.87~\mbox{rad}$.

\item[Dosisleistung] Die pro Zeit aufgenommene Ionen- bzw.\ Energiedosis.

\item[biologische
Sch{\"a}dlichkeit] Die biologische

Sch{\"a}dlichkeit h{\"a}ngt nicht nur von der Menge der absorbierten 
Energie bzw.\ der Menge der entstandenen Ionen (also von
$D_{\mathrm{E}}$ und $D_{\mathrm{q}}$) ab, sondern auch von der 
Strahlenart.
Bei gleicher Energie sind $\alpha$-Strahlen wesentlich 
gef{\"a}hrlicher als $\beta$-Strahlen und $\gamma$-Strahlen. 
Zur Ber{\"u}cksichtigung der biologischen Sch{\"a}dlichkeit
wird der Bewertungsfaktor $Q$ eingef{\"u}hrt. Er betr{\"a}gt f{\"u}r 
$\beta$- und $\gamma$-Strahlung $1$, f{\"u}r $\alpha$-Strahlung nimmt 
$Q$ Werte zwischen $10$ und $20$ an.

\item[{\"A}quivalentdosis] Ber{\"u}cksichtigung der unterschiedlichen

Wirksamkeit von verschiedenen Strahlungs\-arten:

% \begin{equation*} H = Q \cdot D_{\mathrm{E}} \end{equation*} %

Die Einheit der {\"A}quivalentdosis ist gleich der Einheit der 
Energiedosis (da $Q$ dimensionslos ist).\\
Zum Unterscheiden der beiden Gr{\"o}{\ss}en wurde aber eine weitere 
Einheit eingef{\"u}hrt:
$[H] = 1~\mbox{Sv}$ (Sievert) $= 1~\mbox{J/kg}$. 
Bis 1979 diente das {\glqq}rem{\grqq} als Einheit f{\"u}r die 
{\"A}quivalentdosis: $1~\mbox{rem} = 10^{-2}~\mbox{Sv}$.\\
$1~\mbox{rad}$ entspricht $1~\mbox{rem}$ f{\"u}r $\beta$- und 
$\gamma$-Strahlen.\\
$1~\mbox{rad}$ entspricht $10$ bis $20~\mbox{rem}$ f{\"u}r 
$\alpha$-Strahlen.

\end{Mentry}

v10_radioaktivitaet.1239734182.txt.gz · Last modified: 2009/04/14 18:36 by steinbruegge

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